Grünau bewegt sich

„Grünau bewegt sich“ ist ein stadtteilbezogenes Praxis-Forschungsprojekt zur Kindergesundheitsförderung und Adipositasprävention. Ziel ist es, die Entwicklungschancen von Kindern in Leipzig-Grünau durch die gesundheitsbezogene Veränderung von Lebenswelten zu verbessern und außerdem die Wirksamkeit der durchgeführten Interventionen wissenschaftlich zu überprüfen. Dabei stehen Maßnahmen der Verhältnisprävention im Vordergrund. „Grünau bewegt sich“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Leipzig mit der Universitätskinderklinik und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig.

Grünau bewegt sich

Daten und Fakten

Reichweite der Maßnahme:

Leipzig-Grünau

Projektzeitraum:

Januar 2015 – Dezember 2019

Settings:

Quartier Leipzig-Grünau (insbesondere Schulen und Kitas)

Schwerpunkt:

Bewegungsförderung

Ziele:

Ziel ist es, die Entwicklungschancen von Kindern in Leipzig-Grünau durch die gesundheits­bezogene Veränderung von Lebenswelten zu verbessern und die Wirksamkeit der durch­geführten Interventionen im Sinne einer evidenz­basierten Gesundheitsförderung wissen­schaftlich zu überprüfen.

Zielgruppen:

Kinder im Alter von 4 bis 12 Jahren. Die Maß­nahmen richten sich im Sinne der Verhältnis­prävention zudem an Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer,  Stadtteil­bewohnerinnen und -bewohner, Vertreterinnen und Vertreter der im Stadtteil ansässigen Institutionen sowie Entscheidungsträger der Stadt und im Quartier.

Arbeitsschwerpunkte und Umsetzung der Maßnahme

Verhältnispräventive Maßnahmen der Kindergesundheitsförderung und Adipositasprävention stehen im Vordergrund. Weitere Schwerpunkte sind die Verbesserung von Teilhabe und Chancengerechtigkeit sozial benachteiligter Kinder. In einem Stadtgebiet mit vergleichsweiser hoher Adipositasprävalenz bei Kindern werden Strukturen und Merkmale der Lebenswelten, die die Gesundheit und insbesondere die Gewichtsentwicklung von Kindern beeinflussen, identifiziert. Diese Aufgabe übernimmt ein stadtteilbezogenes Gesundheitsnetzwerk. In diesem arbeiten Vertreterinnen und Vertreter von relevanten Institutionen mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammen, um geeignete Interventionen und Maßnahmen zu entwickeln, zu planen und umzusetzen. Entscheidungsbefugte Personen aus den jeweiligen Bereichen verantworten die Umsetzung des Interventionsprozesses. So wird gewährleistet, dass sich die Maßnahmen der Gesundheitsförderung an den Voraussetzungen des Stadtgebietes orientieren. Im Detail gibt es folgende Aktivitäten:

Wie wird die Zielgruppe in die Planung und Umsetzung der Maßnahme einbezogen?

  1. Alle Maßnahmen haben durch die Verbesserung der gesundheitlichen Rahmenbedingungen die Förderung der Kindergesundheit in einem sozial benachteiligten Quartier zum Ziel. Zielgruppe sind Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren. Erhebungen zu gesundheitsbezogenen Bedarfen finden deshalb insbesondere in Kitas, Horten und Schulen statt. Auch konkrete Maßnahmen erfolgen mit direkter Beteiligung der Zielgruppe. So werden beispielsweise Grundschüler in die Gestaltung von öffentlichen Wegen einbezogen. Sie werden zu ihren Schulwegen befragt, finden selbst Bewegungsanlässe im öffentlichen Raum und bringen Ideen zu deren Umsetzung ein.
  2. Der verhältnispräventive Ansatz macht es erforderlich, folgende unmittelbare Zielgruppen direkt anzusprechen: das Erziehungs- und Betreuungspersonal in Kitas und Grundschulen sowie Entscheidungsträger relevanter Institutionen (Sportvereine, Freizeittreffs, medizinische Einrichtungen etc.). Gemeinsam werden im Gesundheitsnetzwerk gesundheitsbezogene Bedarfe eruiert und die anzugehenden Maßnahmen für das Quartier geplant und umgesetzt.
  3. Die Einbeziehung der Bewohnerinnen und Bewohner (ebenfalls als unmittelbare Zielgruppe) erfolgt über eine niedrigschwellige und alltagsnahe Ansprache in den Kinderbetreuungseinrichtungen und an Orten der „Freizeitgestaltung“ wie Freizeittreffs, Stadtteil- oder Einkaufszentren.

Wer unterstützt das Projekt?

Die Kooperationspartner des Projektes sind das Gesundheitsamt der Stadt Leipzig, das Forschungs-und Transferzentrum e.V. der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Leipzig. Wesentliche Unterstützung erfährt das Projekt durch die fördernden Krankenkassen sowie vor Ort durch das Quartiersmanagement Grünau und die sogenannte Agendagruppe (unter anderem mit der Volkshochschule Leipzig-Grünau). Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung unterstützen außerdem die für die Entwicklung des Stadtteils zuständigen Ämter der Stadt Leipzig (Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbau, Amt für Stadtgrün und Gewässer, Amt für Sport, Amt für Jugend, Familie und Bildung, Verkehrs- und Tiefbauamt) das Projekt. Über ein Advisory Board bestehen hilfreiche Kontakte zur Sächsischen Bildungsagentur, zum Stadtsportbund, zum Lebensmittelhandel und zu wissenschaftlichen Einrichtungen.

Wie wird die Maßnahme finanziert?

Die Finanzierung erfolgt hauptsächlich durch die AOK PLUS und anteilig durch die IKK classic sowie die Knappschaft.

Kurz nachgefragt

Welche langfristigen Strukturen oder Wirkungen werden durch die Maßnahme erzeugt?

Das Thema Kindergesundheit wird im Stadtteil verankert. Die Langfristigkeit der Maßnahme wird durch die Vernetzung der ortsansässigen Akteurinnen und Akteure gestärkt. Ein System zu Nachfrage und Angebot verbindet den Bedarf der Institutionen (Kitas, Schulen und offene Kinder- und Jugendarbeit) mit geeigneten Anbietern (Sportvereine, Ernährungsberatungseinrichtungen, Selbsthilfevereine, kulturelle und Bildungseinrichtungen im Stadtteil, Präventionsprojekte, Krankenkassen). Ein weiterer Effekt ist die stärkere Berücksichtigung gesundheitsförderlicher Aspekte bei baulichen Maßnahmen im Stadtteil. Darüber hinaus werden Kinder und deren Familien durch das Projekt „Grünau bewegt sich“ kontinuierlich auf leicht umsetzbare gesundheitsförderliche Anlässe in ihrer Lebensumgebung hingewiesen, beispielsweise über Wegemarkierungen und Plakate. In ihrem Zusammenspiel können diese Maßnahmen eine Reduktion von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen erwirken.

Welche Faktoren sind für die Durchführung der Maßnahme hilfreich?

Finanziell sowie im Hinblick auf eine langfristige und gründliche Planung und Durchführung des Projektes ist die Zusicherung einer auf fünf Jahre angelegten Basisfinanzierung durch die Krankenkassen von großer Bedeutung. Zur erfolgreichen Umsetzung trägt zudem maßgeblich das hohe Engagement eines interdisziplinär arbeitenden Teams bei. Förderlich sind ferner die bereits bestehende Vernetzung der Akteurinnen und Akteure im Stadtteil, das kommunale Interesse an der Entwicklung des Gebietes und der regelmäßige Austausch mit den im Stadtteil ansässigen pädagogischen Fachkräften und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern.

Welche Stolpersteine gab es auf Ihrem Weg?

Gesetzliche Krankenkassen unterstützen und begleiten Gesundheitsförderungsprojekte in Lebenswelten zeitlich befristet im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe. Um Verhältnisse über die Projektlaufzeit hinaus langfristig ändern zu können, sind weitere Partnerschaften mit für Prävention und Gesundheitsförderung verantwortlichen Akteurinnen und Akteuren zu schließen. Die entsprechenden Partner für die verschiedenen Interventionen im Stadtteil zu finden und zu gewinnen, erfordert unerwartet viel Aufwand, Zeit und Energie. Ebenfalls sehr zeitintensiv gestaltete sich das Finden einer gemeinsamen Sprache und Marschrichtung für das multiprofessionelle Vorgehen (pädagogisch, sozial und medizinisch).

Aber auch in der konkreten Zusammenarbeit mit den Einrichtungen gab es immer wieder Stolpersteine. Wenn beispielsweise Personalengpässe oder hohe Krankenstände bereits die Erfüllung von originären Aufgaben erschweren, ist die Durchführung zusätzlicher Maßnahmen kaum möglich. Schulen bleiben in vielen Fällen ein in sich geschlossenes System, was Veränderungen und Kooperationen erschwert. Gesundheitsförderung soll in den Alltag integriert sein, bleibt aber zu oft im Status einer „Projektwoche“.

Welche Tipps haben Sie für potenzielle Nachahmerinnen und Nachahmer?

Dreh- und Angelpunkt für das Gelingen eines verhältnispräventiven Gesundheitsförderungsprojektes im Setting „Stadtteil“ ist das Interesse für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Beziehung zu ihnen. Von hoher Relevanz ist deshalb, motivierte Beteiligte im Quartier selbst ausfindig zu machen und diese längerfristig durch gemeinsame Aktionen zu binden. Die Lebensweise im Quartier muss anerkannt, akzeptiert und die abgeleiteten Maßnahmen müssen daran ausgerichtet werden. Deshalb favorisiert unser Projekt, vielfältige gesundheitsfördernde Gelegenheiten für unterschiedliche Intensitäten der Nutzung im Stadtteil zu schaffen.

Enorm wichtig ist weiterhin, den Einfluss von Lebenswelten auf gesundheitsförderliches Verhalten stets mitzudenken, um kommunales Interesse auf möglichst allen relevanten Ebenen zu aktivieren. Eine Anwendung des Grundsatzes „Health in all Policies“ innerhalb der Stadtverwaltung begünstigt diese Vorgehensweise. Die dadurch geförderte schnelle und unkomplizierte Kooperation mit den Entscheidungsträgern in der Kommune trägt entscheidend zum Gelingen des Projektes bei.

Bei zu vermittelnden „gesundheitsförderlichen Botschaften“ sollte eine einfache und klare Sprache gefunden werden. Nicht zuletzt ist es notwendig, Pläne für Interventionen zwar zu entwickeln, aber in deren Umsetzung flexibel zu bleiben, da ein Quartier stets eine eigene Dynamik aufweist. Eine gewissenhafte Dokumentation ist ebenfalls von hoher Bedeutung.

Kontakt:

Universitätsmedizin Leipzig

Ansprechperson: Ruth Gausche

Philipp-Rosenthal-Str.27b

04103 Leipzig

Telefon: 0341-9726148

E-Mail: ruth.gausche@medizin.uni-leipzig.de

Website: www.gruenau-bewegt-sich.de